Machen wir eine kleine Zeitreise. Vor 4 Jahren, am 14. April 2020, am selben Tag wie das Khmer Neujahr und während der COVID-19 Pandemie, fand die Einweihungszeremonie der Neugeborenen-Intensivstation oder kurz NICU statt. Das Personal, das schon Monate zuvor geschult worden war, stand an diesem Tag vor den Toren dieses neuen Ortes der Hoffnung. Ein kleiner metallener Rolltisch mit Früchten, Hühnchen und Räucherstäbchen schmückte den nagelneuen Eingang und war als Ritual zur Einweihung dieser neuen Stätte gedacht. Leider konnte Dr. med. Beat Richner diesen besonderen Tag nicht mehr miterleben, da er zwei Jahre zuvor verstorben war.
Spulen wir ein wenig vor. Genauer gesagt auf den 4. November 2024. An diesem Tag betrat ich zum ersten Mal die NICU-Abteilung. Ein grosser, voll belegter Raum mit 20 Betten, der früher zum Waschen der Bettwäsche genutzt wurde, erwartete mich. Da es in Kambodscha insgesamt nur wenige gut ausgestattete Neugeborenen-Intensivstationen gibt und das Kantha Bopha Jayavarman VII Kinderspital für die Kinder kostenlos ist, werden sehr viele Kinder dorthin transportiert, was zu einer Überfüllung der Station führt. Ziel ist es, in Zukunft mehr Betten und auch eine weitere Station zur Verfügung zu haben.
Insgesamt durfte ich zwei Wochen auf dieser Station verbringen. Während dieser Zeit habe ich sehr viel durch das erhaltene Teaching und die für mich seltenen Krankheiten, die ich gesehen habe, profitieren können. Ich muss zugeben, dass ich am Anfang besonders mit der Hitze zu kämpfen hatte. Auf dieser Station gibt es keine Klimaanlagen, sondern nur Ventilatoren und so wurde es unter dem Kittel manchmal richtig warm. Das Trinken durfte ich hier nicht vergessen.
Für alle, die sich nicht genau vorstellen können, was man unter einer NICU versteht:
Dort werden Neugeborene behandelt, die ein medizinisches Problem oder auch mehrere haben, die eine spezifische und unterstützende Therapie benötigen. Gründe können eine Frühgeburt, niedriges Geburtgwicht, Atemwegserkrankungen, Infektionen oder angeborenen Fehlbildungen sein. Die Neugeborenen werden allumfassend mit möglichst moderner Medizintechnik und qualifiziertem Personal, das rund um die Uhr arbeitet, behandelt.
In der ersten Woche konnte ich die Zusammenarbeit zwischen Jean-Claude Fauchère, einem Schweizer Pädiater/Neonatologen und Cécile Keller, einer Schweizer Neonatologie-Intensivpflegeexpertin, die für einen Einsatz hier waren, und dem
NICU-Personal mit eigenen Augen sehen. Diese Zusammenarbeit und die Bereitschaft des Personals, Neues zu lernen, hat mich positiv beeindruckt.
Für Cécile Keller und Jean-Claude Fauchère war es in der ersten Novemberwoche bereits der vierte Einsatz in der NICU. Sie sind ein eingespieltes Duo, das immer zu zweit kommt, denn beide wissen, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Pflege und Ärzteschaft ist und dass diese gepflegt werden muss, um eine optimale Medizin anbieten zu können. Sie sind eine der Ausnahmen, denn viele Ärztinnen und Ärzte kommen momentan noch als Solistinnen und Solisten daher. Zudem ist das Teaching von Cécile Keller an das Team der Pflege sehr wichtig, um ihr Wissen weiterzugeben, wie zum Beispiel die Lagerung von Neugeborenen, und bei Unklarheiten oder Fragen ihre Hilfe anzubieten.
Ich fand nicht nur das Zusammenspiel zwischen Cécile Keller und den PflegerInnen oder Jean-Claude Fauchère bemerkenswert, sondern auch das Teamwork zwischen Dr. Bunthong Sar und Prof. Dr. med. Jean-Claude Fauchère. Dr. Bunthong Sar ist ein leidenschaftlicher Pädiater und Neonatologe, der seit 2018 mit viel Herzblut im Jayavarman VII Children's Hospital arbeitet. Seinen Facharzt für Neonatologie erwarb er nach einer einjährigen Ausbildung in Frankreich. Im Jahr 2023 wurde er aufgrund seiner Arbeit, seiner innovativen Ideen und seiner Kenntnisse im Umgang mit neuen Geräten zum offiziellen Leiter der Abteilung für Neonatologie ernannt und hat in kurzer Zeit bereits viel erreicht.
Abschliessend zwei kurze Statements von Dr. Bunthong Sar und Prof. Dr. med. Jean-Claude Fauchère.
«Im Oktober 2022 wurde ich Prof. Jean-Claude Fauchère vorgestellt, der für mich jetzt einfach Jean-Claude heisst. Ich war so nervös an dem Tag, an dem ich ihn traf, weil unsere Direktoren mir sagten, ich solle dem Professor gegenüber sehr respektvoll sein, und das bin ich immer noch. Er ist nett zu mir. Diese Mission von Jean-Claude und Cécile war nicht ihre erste. Ich war für die gesamte Mission verantwortlich, von der Übersetzung über den Austausch meiner Visionen, die Zusammenfassung aller Vorträge bis hin zu jedem Projekt, das er nach seiner Rückkehr in die Schweiz von uns verlangte. Ich habe den Kontakt zu ihm über E-Mails aufrechterhalten und ihn um Hilfe, Ratschläge und Vorträge gebeten.»
Dr. Bunthong Sar
«Die Ernennung von Dr. Bunthong Sar zum Leiter der gesamten neonatalen Medizin in Siem Reap ist für die kranken Neugeborenen wie auch für Cécile Keller und mich ein Glücksfall. Er vereint nämlich als Führungsperson eine seltene Mischung von höchster medizinischer und zwischenmenschlicher Kompetenz. Sein nie nachlassender Drang, die Betreuung von kranken Neugeborenen zu verbessern, wie auch neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten einzuführen und seine Lern- und Teachingfreude beeindrucken uns sehr. Er hat als Führungsperson auch die Gabe ein ganzes neonatologisches Team von Ärztinnen und Ärzten, Pflege- und geburtshilflichen Fachpersonen für diese Entwicklung zu begeistern und mitzunehmen. Er hat mit all seinen Mitarbeitenden in sehr kurzer Zeit so viel erreicht und die Qualität der Behandlung von kranken Neugeborenen enorm vorangetrieben. Wir wähnen uns sehr glücklich, mit ihm und seinem Team zusammenarbeiten zu können.»
Prof. Dr. med. Jean-Claude Fauchère
Nice to know. Übrigens: Jayavarman VII. war einer der mächtigsten Könige des Khmer-Reiches und hat in seiner Regierungszeit (1181–1220) viel erreicht. Unter anderem liess er viele Spitäler bauen. Kantha Bopha war eine Tochter des früheren Königs Sihanouk. Sie starb im Alter vom vier an Leukämie.
Liebe Grüsse aus Siem Reap
Morgane
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