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Marahs Tagebucheinträge

  • stiftungkanthaboph
  • 24. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

«When life hurts – Siem Reap heals.»

Ein Sprichwort, das wir oft von Mitarbeitenden des Spitals und stolzen Einwohnern dieser besonderen Stadt hörten.

 

Während zwei Monaten durfte ich miterleben, wie das Team des Kantha Bopha-Spitals täglich dafür sorgt, dass ein Aufenthalt in Siem Reap tatsächlich heilen kann, im wahrsten Sinne des Wortes. Dafür möchte ich an allererster Stelle den Direktoren, Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern, Hebammen und allen Mitarbeitenden des Spitals sowie der Stiftung Kinderspital Kantha Bopha von Herzen danken.

 

Als Inspiration für diesen Abschlussbeitrag habe ich einige Texte meiner Vorgängerinnen und Vorgänger gelesen. All die schönen Worte über die Herzlichkeit der Menschen, die Hingabe für ihre Arbeit, das Lächeln, das ich in der Schweiz so vermissen werde – am liebsten hätte ich alles blau markiert und mit Copy & Paste eingefügt. Ich könnte dutzende Seiten füllen mit Erlebnissen, mit dem, was ich gelernt habe, was mir geduldig gezeigt wurde, mit Erzählungen über Menschen, denen ich unendlich dankbar bin für diese unvergessliche Zeit.

 

Stattdessen habe ich mich entschieden, einige kurze Tagebucheinträge zu teilen – eine bunte Auswahl an Momenten und Gedanken, vom Alltäglichen zum ganz Besonderen.





5. August 2025

Nie mehr werde ich so ein gutes und intensives 1:1-Teaching erleben wie hier auf der PICU. Nie mehr werde ich so stark schwitzen auf einer Visite. Meine Dankbarkeit für die AC wächst von Tag zu Tag.

 

7. August 2025

Zum ersten Mal habe ich heute gesehen, wie ein Kind nach langer und schwerer Krankheit gestorben ist. Ein Aberglaube auf der PICU besagt, eine schwingende Lampe über einem Krankenbett bedeute, dass dort der Tod nahe sei. Ich blickte nach oben, die Lampe pendelte an diesem Morgen sanft hin und her.

 

19. August 2025

Ich erlebe hier Medizin so, wie man sie sich zu Beginn des Studiums vorstellt. Es geht um den Menschen und ums Heilen – eine Erfahrung, die ich in der Schweiz oft vermisst habe.

 

22. August 2025

Sokchan ist die gute Fee der Cafeteria. Für die Studenten letzten Monat gab's immer Bai Sach Chrouk; als Vegetarierin konnte ich diese Tradition zu ihrer Verwirrung nicht fortführen. Ich bin aber treue Konsumentin ihres «Iced-Milk-Greenteas» – der beste der Stadt.

27. August 2025

Nie hätte ich gedacht, dass ich je mit den Direktoren des Spitals bei einem Wasserfall baden oder auf einem Picknickplatz «I am Sailing» zu Professor Chantanas Gitarrenklängen singen würde. Jeder Tag hier bringt neue Überraschungen.

 

3. September 2025

Letzte Nacht habe ich geträumt, ich sei schwanger – und habe mich sogar darüber gefreut. Nach fast zwei Wochen auf der Maternité staune ich jeden Tag aufs Neue über das, was das Team hier leistet – und darüber, wie tapfer und still die Mütter ihre Kinder zur Welt bringen (in meinem Traum habe ich geschrien).

 

9. September 2025

Wenn eine Station gereinigt wird, werden alle Patientinnen und Patienten mitsamt ihren Betten – oder Teppichen – nach draussen verlegt. Personal, Angehörige und Kinder helfen dabei selbstverständlich mit, wie ein eingespieltes Team.

17. September 2025

Zu den Alltagshelden des Spitals gehören auch die Portiers und der Sicherheitsdienst. Sie sind die ersten, die uns morgens mit einem Lächeln begrüssen – und sie geben ihr Bestes, unsere unberechenbaren Routinen zu verstehen: «Wann kommen sie? Wann gehen sie? Und durch welchen Eingang?» Der Chef der Security an der Strassenüberquerung hält den ganzen Verkehr mit einem Pfiff seiner ikonischen Trillerpfeife auf, sobald wir uns auch nur in Sichtweite befinden. Zwischen uns hat sich eine flüchtige Freundschaft entwickelt. Ich hoffe, er gewinnt heute Abend im Badminton um 18 Uhr – auch wir kennen mittlerweile seine Routinen.

 

29. September 2025

Zum Abschluss durfte ich auf der Herzchirurgie nochmals besonders viel mithelfen. Meine Erlebnisse hier gehören definitiv zu den spannendsten meines Praktikums. Dr. Ladin wuchs in einer Bauernfamilie auf und ist heute einer der besten Herzchirurgen des Landes – es ist eine Ehre, als Studentin mit ihm am Operationstisch zu stehen.

 

30. September 2025

An meinem letzten Nachmittag haben Jan und ich die neue onkologische Station besucht, wo Kinder über Monate Chemotherapie erhalten. Himmelblaue Wände, in der Ecke läuft ein Fernseher, in der Mitte des Raumes lernen Kinder gemeinsam Mathe. Der talentierte Pfleger Roth spielt Gitarre, ein Junge singt und trommelt – wir singen irgendwann sogar mit. Die Musik wäre sicher im Sinne von Dr. Beat Richner gewesen. Ein bittersüsser Ort, an dem Trauer, Fröhlichkeit, Hoffnung und Empathie zusammenkommen. Ein schöner Abschluss, der sinnbildlich für das ganze Spital und all seine Mitarbeitenden steht.

 


Dies ist nur ein kleiner Einblick in zwei Monate voller unvergesslicher Erlebnisse.

Auch abseits des Spitalalltags gäbe es vieles zu erzählen – von unseren Abenteuern in Mondulkiri über die Feiertage, von Joggingrunden mit Ärzten, von Bachata-Lektionen oder einem Kun-Khmer-Wettkampf mit unserem Boxing-Trainer, von geselligen Abenden mit neu gewonnenen Freundinnen und Freunden aus Kambodscha und der Schweiz.

 

An dieser Stelle möchte ich auch Elodie, Lars, Simon, Devanshi und Jan danken: Für all die «Tollwütige-Hunde-Ausdribbeln»-Morgen, Scrabble-Mittage und Catan-Abende – und dafür, dass ich so viele schöne, lustige und auch traurige Momente mit euch teilen durfte.

 

Und an die Kinder Kambodschas, die uns stets mit einem fröhlichen «Hello!» von allen Seiten zuwinkten: Sousdey! Ich wünsche euch ein gesundes, langes Leben – und, trotz aller Begeisterung dafür, ohne einen Besuch im Kantha Bopha-Spital. Sollte es diesen eines Tages dennoch brauchen, seid ihr dort in allerbesten Händen.

 

Von Herzen

Marah

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