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Syphilis bei Neugeborenen

  • stiftungkanthaboph
  • 28. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

An unserem allerersten Tag hier im Spital haben wir eine Führung erhalten. Dabei ist uns aufgefallen, dass gewisse Krankheitsbilder wie Dengue-Fieber, HIV und Syphilis hier vermehrt vorkommen. In der Schweiz sind wir diesen Krankheiten bisher mehrheitlich theoretisch begegnet. Wir haben festgestellt, dass vor allem Syphilis bei verschiedenen Stationen der Führung erwähnt wurde – wie der NICU (neonatal intensive care unit) und der Maternité.




Bereits am ersten Tag auf der NICU ist Sophie einem an Syphilis erkrankten Baby begegnet. Die Mutter hatte undiagnostiziertes Syphilis und kam für die Geburt ins Kantha Bopha Spital. Sie war schwanger mit Zwillingen und hat in der 27. Schwangerschaftswoche geboren, was als extreme Frühgeburt bezeichnet wird. Eines der Babys ist bei der Geburt verstorben. Das andere Baby hatte mit den Folgen der Frühgeburt zu kämpfen. Es lag in einem Inkubator zur Temperatur- und Luftfeuchtigkeitskontrolle, wurde mit Überdruck beatmet und parenteral über eine Infusion ernährt.


Syphilis, eine STD (sexually transmitted disease), wird hauptsächlich durch vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr übertragen. Hier im Kinderspital steht jedoch der Weg der vertikalen Übertragung im Vordergrund – das bedeutet von der Mutter auf das Kind. Die Krankheit wird verursacht durch das Bakterium Treponema Pallidum.




Wir konzentrieren uns hier auf Syphilis während der Schwangerschaft und konnatale Syphilis. Ab der 12. Schwangerschaftswoche kann der Fötus über die Plazenta mit Syphilis infiziert werden. Die Übertragung während der Schwangerschaft ist am wahrscheinlichsten, in seltenen Fällen kann sie während oder nach der Geburt passieren. Die Wahrscheinlichkeit der Übertragung ist vom Krankheitsstadium der Mutter abhängig. Generell ist es so, dass bei früheren Stadien, also wenn die Infektion eher neu ist, das Risiko einer Übertragung am höchsten ist. Laut einem Experten der Maternité geschieht die Übertragung im Primärstadium im Kantha Bopha Spital bei nahezu 100 Prozent, in der Literatur finden wir Werte von 50 bis 100 Prozent.


Die Folgen einer Infektion des Fötus sind schwerwiegend. Es kann zu Fehl- oder Totgeburt, Frühgeburt und konnataler Syphilis führen. Das Risiko für eine Fehl- oder Totgeburt beträgt 40 Prozent. Konnatale Syphilis teilt sich in zwei Stadien auf, es gibt das Früh- und Spätstadium der Krankheit. Im frühen Stadium direkt nach der Geburt präsentiert sich die Krankheit mit folgenden Symptomen: Hautabschuppung, Gelbsucht und Ödemen. Nach drei bis zehn Wochen können weitere Symptome wie blasenbildende Ausschläge an Hand- und Fussflächen, Entzündungen der Nasenschleimhaut und Knochenveränderungen dazukommen. Wichtig anzumerken ist, dass zu diesem Zeitpunkt 70 Prozent der Kinder keine Symptome aufweisen und darum eine Diagnose verpasst werden kann. So kann es auch zum späten Stadium der Krankheit kommen, welches ab dem 3. Lebensjahr beginnt. Zum Beispiel gibt es die Hutchinson Trias: Schwerhörigkeit, Hornhautentzündung und Tonnenzähne.




 

Ein wichtiger Pfeiler zur Bekämpfung der Krankheit respektive Schutz für die Babys sind die vier Vorsorgeuntersuchungen. Von der kambodschanischen Regierung gibt es ein Programm, durch welches den Müttern die Vorsorgeuntersuchungen bezahlt werden. Da im Kantha Bopha-Spital die Untersuchungen gratis sind, können die Frauen das Geld anderweitig verwenden, zum Beispiel für die Anreisekosten oder Verpflegung.


Bereits bei der ersten Untersuchung werden die Frauen auf Syphilis und HIV getestet. Fällt der Syphilis-Test positiv aus, werden die Frau und der Vater des Kindes behandelt. Die Behandlung ist simpel und umfasst drei Dosen Penicillin. Bisher sind beim krankheitsverursachenden Bakterium keine Resistenzen gegen Penicillin bekannt. Mit der Therapie kann in 97 Prozent der Fälle konnatales Syphilis verhindert werden, darum ist das Syphilis-Screening extrem effektiv.


Nicht jede Mutter kommt zu allen Vorsorgeuntersuchungen. Einige Mütter kommen zu gar keiner Vorsorgeuntersuchung und sind bei der Geburt das erste Mal im Spital. Deshalb müssen in diesen Fällen das Kind und die Mutter getestet werden und gegebenenfalls behandelt. In anderen Fällen wird das Baby nach der Geburt ins Spital überwiesen, dann wird es auch getestet.

 

Dr. Bunthong, der Leiter der NICU erzählt uns, dass vor 2022 die Neugeborenen nur in Verdachtsfällen auf Syphilis getestet wurden. Aufgrund der hohen Positivitätsrate wurde das systematische Testverfahren im Rahmen der Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen eingeführt. Für das Spital war die Anzahl positiver Syphilis Nachweise überraschend und hat verdeutlicht, wie prävalent die Krankheit ist. Von Juni 2022 bis Februar 2025 wurden 86‘969 schwangere Frauen getestet, wovon 1817 positiv waren. Bei diesen Patientinnen ist davon auszugehen, dass mit der Therapie eine Ansteckung auf das Kind fast immer verhindert werden konnte. Im Neonatologie-Department hatten sie im Jahr 2024 insgesamt 159 positive Fälle und im Jahr 2025 bisher 28. Diese Fälle sind hauptsächlich zurückzuführen auf Mütter ohne Vorsorgeuntersuchungen und zugewiesene Fälle.



Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) wie Syphilis sind ein Problem in ganz Kambodscha und ein heikles Thema. Die Erkrankungen und ihre Implikationen auf vorherige sexuelle Partner und Treue in der Ehe können schwerwiegende Folgen für die Beziehung und die Betreuung des Kindes haben. Vereinzelt kommt es sogar zu Fällen, bei denen ein Neugeborenes mit positivem Test im Spital zurückgelassen wird. Uns wurde gesagt, dass sich während der Schulzeit die Aufklärung über STD‘s und die notwendigen Schutzmassnahmen schwierig gestaltet. Es gibt Freiwillige (aus dem Ausland und kambodschanische Medizinstudenten), die Schulen besuchen, um den Kindern und Jugendlichen die Thematik näherzubringen.


Das Baby mit Syphilis auf der NICU ist leider einige Tage später an den Komplikationen der Frühgeburt verstorben. Das erfolgreiche Screening und die Bemühungen zur Aufklärung machen aber Hoffnung, dass solche Fälle in Zukunft weniger werden.


Mit besten Grüssen aus Siem Reap

Sophie und Samuel

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